Mit dem GR Yaris macht Toyota ernst.
Können Sie sich noch an die Gruppe B erinnern? Extrem starke, in der Regel allradgetriebene Fahrzeuge, teilten sich eigentlich nur noch den Namen und ein paar optischen Details mit dem Serienmodell. Die tollkühnsten Fahrer der Rallyegeschichte bissen sich an den nur mäßig beherrschbaren Monstern die Zähne aus, bis die Gruppe B nach nur vier Jahren aus der Weltmeisterschaft verbannt wurde.
Auch wenn der neue GR Yaris auf Wunsch lammfromm fährt und auch mit allerlei Komfortfeatures daherkommt, bei denen die hartgesottensten Puristen mit der Nase rümpfen - irgendwie erinnert der schnellste Yaris an die Gruppe B-Zeit. Denn, wenn wir uns ehrlich sind, hat der GR Yaris mit seiner Basis nicht mehr allzuviel gemein. Die Plattform ist beispielsweise ein Zwitter zwischen der kleinen TNGA-B und der größeren TNGA-C Plattform. Erst so war die Implementierung des Allradantriebs möglich. Das GR-Four genannte System ist dabei extrem flexibel und leitet, wenn nötig, das komplette Drehmoment auf eine Achse. Optional teilen Torsen-Differenziale das Antriebsmoment auch zwischen den einzelnen Rädern auf. Auch der Motor ist auch eine Sonderentwicklung. Mit 1,6 Litern Hubraum ist der Dreizylinder nicht nur außergewöhnlich groß, sondern auch extrem stark. Die 261 PS reichen sogar für den Titel des stärksten Dreizylinders der Welt. Was in einer Welt der Doppelkuppungs-, CVT-, und Automatikgetrieben am meisten freut: der Rallyewürfel ist handgerissen. (Branchenintern für: darf manuell geschalten werden)
Adipositas? Nein danke.
Auch die Karosserie teilt sich nur einen Bruchteil der Komponenten mit seinem braven Hybrid-Pendant. Damit das Gewicht im vertretbarem Rahmen und der Schwerpunkt schön tief bleibt, wurde etwa ein Dach aus Carbon verbaut. Sehen tut man leider nichts davon, denn das schleifen und lackieren der teuren Kohlelager würde den Budgetären Rahmen sprengen. Doch nicht nur überm Scheitel gibts Leichtbau. Die Türen wie auch die Heckklappe sind aus Aluminium, die Karosserie hat zusätzliche 259 Schweißpunkte. Die Verwindungssteifigkeit muss ja beim Ritt über eine Rallye-Sonderprüfung auch Häher sein, als beim Flanieren im Shoppingcenterparkhaus. Sie merken, auch dort, wo man es nicht sieht, hat Toyota nachgebessert. Allerdings gibt es auch Unterschiede zum Serienfahrzeug, die sofort auffallen. Etwa der Verlust von einigen Zentimetern Fahrzeughöhe und nicht zuletzt auch der hinteren Türen. Damit hat die in die Breite gewachsene Karosserie beinahe sowas wie Coupe-Ästhetik. Tatsächlich bleibt vom einst so braven Kleinwagen fast nichts mehr übrig. Die Heckleuchten und Scheinwerfer, die Türgriffe und die Dachantenne.
GR - Geile Rodel
Das Fahrverhalten des WRC-Zwergs beschriebt wohl am ehesten der Gesichtsausdruck der Fahrer, während sie aus dem GR Yaris aussteigen. Die Ohren müssen nebst ihrer Hauptaufgabe den Posten als Mundwinkelbegrenzer erledigen. So Ernst es Toyota mit der Performance des Allradlers meint, so lustig ist dessen Fahrverhalten. GR steht zwar für Toyotas Rennspoetabteilung Gazoo Racing, könnte aber auch für Geile Rodel stehen. In jedem Fall sind wir dankbar, dass der schnellste Yaris nicht so heißt, wie sein Vorgänger: GRMN. Ganz ehrlich, das Auto war herrlich, der Name furchtbar - nüchtern konnte das niemand aussprechen. Aber zurück zum aktuellen Kind der Gazoo-Familie. Hauptquell der Freude ist der Allradantrieb, der im Sportmodus permanent 70 Prozent des Antriebsmoments auf die Hinterachse verteilt. Das resultiert in viel Rauch, Fliegen auf den Seitenscheiben und einem Gefühl, dass wir seit dem Tod des Mitsubishi Evo vermissen. Natürlich gibt es fantastische Sportautos, die ebenso pure Fahrfreude versprühen, aber durch diesen Rallye-Kontext empfindet man diese irgendwie bodenständiger. So ziemlich jeder Autofahrer war schon mal auf einem Schottere unterwegs. Weit weniger haben allerdings Rennstreckenerfahrung. Statistisch gesehen liegen die meisten Haushalte auch näher an einem Feldweg als an einer Rennstrecke.