Der DS9 ist einer der Letzten seiner Art
Die Limousine war einst das höchste der Gefühle, wenn es um den komfortorientierten Automobilbau ging. Die Staatschefs dieser Welt können ein Lied davon singen. Neben Großindustriellen gehören die Spitzenpolitiker auch zu den Hauptabnehmern von großen Limousinen. Zumindest in den Augen des Durchschnittsbürgers. Alle Limousinen? Nein! Ein von unbeugsamen Komfortfetischisten bevölkerter Automobilhersteller hört nicht auf, dem Mainstream Widerstand zu leisten. Und dieser Hersteller kommt natürlich aus Gallien und heißt DS.
Natürlich gibt es am heimischen Automobilmarkt noch Limousinen, allerdings sind diese durch die Bank auf Sportlichkeit getrimmt. Diesen Fokus auf Komfort setzt in dieser Intensität allerdings nur DS mit dem 9. Schnell ist der lange Franzose aber trotzdem, obwohl wir in der Basismotorisierung namens E-Tense 250 unterwegs sind. Und die leistet – Sie werden es vielleicht bereits erraten haben – 250 PS. Systemleistung, denn den DS9 gibt es ausschließlich als Plug-in-Hybrid.
Dieser Fakt streut auf den ersten Blick allerdings eine Menge Skepsis. Eine Reiselimousine besticht eben nicht nur durch Komfort, sondern auch durch Reichweite. Da die meisten Tanks bekannter Plug-in-Hybriden kleiner sind als die Blase eines 70-jährigen Mannes, passt die Antriebswahl nicht so recht ins Bild. Der DS9 belehrt allerdings eines Besseren.
Direkt nach dem Tanken zeigen die digitalen Armaturen eine Reichweite von 640 Kilometern an – ohne geladener Batterie. Das lässt ein wenig Optimismus aufkeimen. Der DS9 enttäuscht nicht. Die Strecke Wien-Udine geht ohne Stopp. Oder besser gesagt: würde gehen. Da war ja noch was mit der Blase eines 70-jährigen Mannes. Gut ist, dass der DS uneingeschränkt langstreckentauglich ist. Besser ist, dass er trotzdem an die optimale Handhabung erinnert. Nach einigen Tagen ohne Stecker ermahnt er uns, man möge ihn doch bitte aufladen. 'Nutzen Sie die Hybridtechnologie' steht am Mitteldisplay. Recht hat er. Immerhin verbraucht dieses Auto nach WLTP etwa 1,2 Liter. In unserem Fall, also ohne externe Stromzufuhr, sind es etwa sechseinhalb Liter.
Im besten Falle, nämlich bei Kurzstrecken zwischen zwei Lademöglichkeiten, sind es null Liter. Aber das trifft auf alle Plug-in-Hybriden zu. Bevor wir das Antriebskapitel abschließen, möchten wir die eingangs erwähnte Schnelligkeit noch in Zahlen fassen. Für den Standardsprint sind 8,1 Sekunden fällig. Maximal rennt der Gallier stramme 240 Kilometer pro Stunde. Das ist viel. Will man noch mehr, dann muss man zur Variante mit 360 PS greifen. Dann bekommt man auch Allradantrieb dazu.
DS möchte aber nicht mit der Geschwindigkeit punkten, eher mit Entschleunigung. Denn egal, ob man jetzt mit 140+ die linke Spur belegt oder entspannt durch die Innenstadt gondelt, das Interieur sieht immer gut aus. Im DS erfreut man sich permanent an den feinen Materialien und deren hervorragender Verarbeitung. Die Perlnaht über dem weichen Leder macht schon was her. Generell gilt die Vermutung, dass für das Interieur des DS9 eine ganze Kuhherde ihr Leben, beziehungsweise ihre Haut, lassen musste. Das ist zwar nicht mehr ganz zeitgemäß, aber schon irgendwie geil.
Eindruck macht auch die Uhr von Bernard Richards Manufacture, kurz B.R.M, die erst nach Betätigung der Zündung, deren Knopf direkt darunter beheimatet ist, erscheint. Dieser Knopf ist, wie alle anderen Knöpfe, Schalter und sonstigen Bedienelemente, im Art Deco Stil gestaltet. In Verbindung mit der Ambientebeleuchtung hat man das Gefühl, eine Runde mit dem großen Gatsby zu drehen. Die Anlage von Local Electra unterstreicht diesen Eindruck ungemein. Passend, dass die Ausstattung den Namen "Opera" trägt. Nein, niemand aus
Ob der Bass einem den Rücken massiert oder die Massagefunktion der feinen Ledersitze, ist dann auch schon egal. Der DS9 bringt die Belle Époque zurück. Paris war in der Zeit, die den Übergang vom 19. und dem 20. Jahrhundert darstellte, vermutlich der glamouröseste Ort der Menschheitsgeschichte. Und der DS9 bietet das eben in einem anderen Maßstab. Er bringt Glanz und Eleganz auf unsere oftmals leider viel zu grauen Straßen. Dabei beherrscht er das Kunststück, von seinen Käufern nicht nur gemocht, sondern sogar geliebt zu werden. Ohne mit allzu extrovertiertem Design anzuecken. Klar, die hochgezogenen Blinker stellen eine Besonderheit dar, auch die Chromleiste, die sich längs über die Motorhaube zieht. Spezielle Details, aber keine radikalen Merkmale. Schön, dass es den DS9 gibt.